Sunday, August 27, 2006

Teil IV


Tja, da iss er nun der November. Graut so vor sich hin, vernebelt alles. Ist ein richtiger alter Miesepeter! Die im Oktober noch Bilderbuch-Äpfel, ihr erinnert euch, die trotzig gehaltenen, sehen jetzt schon eher altjüngferlich aus.., zwar noch rot, doch schon leicht verschrumpelt. Nein, keine Angst meine Damen! Ich werde jetzt nicht wieder über „unser“ Alter resümieren!
Nur im Wald noch, gibt es kräftige Farbkontraste. Die Ahörner oder wie sie heißen, auf jeden Fall mit die letzten die ihr Laub schmeißen, machen ihre Blätter wunderbar rostgelb und diese Farbe setzt sich dann wunderschön zum leuchtend aber sattem Grün der noch lebenden Bodenpflänzchen ab. Meine lieben Städter, Erwin, Beate und Irmgard ausgenommen, wisst ihr eigentlich wie viel Grün Anfang November noch lebt? Ich hätte es nie für möglich gehalten.

Nun gut, trotz aller Schwärmerei, muss ich doch zugeben, dass es bei seichtem Nieselregen und kaum vorhandenem Tageslicht, auch mich nicht all zulange draußen hält. Die Jahreszeit der inneren Einkehr hat sich eingefunden und stimmungsmäßig lieg ich voll im Trend. Ausgerechnet diese Jahreszeit habe ich mir ausgesucht um das Rauchen aufzugeben. Das heißt, in Ermangelung der natürlichen Bewegung draußen, bin ich erst recht angehalten meinen Körper in alle mögliche Richtung zu biegen, sprich Yoga-Übungen zu machen, damit mir klar wird, dass Rauchen dem Körper weh tut. Es tut nichts weh, wenn man nur faul in der ecke sitzt. Deshalb raucht es sich dort auch am besten Jedenfalls ahne ich schon, dass ich die gerade verlorenen, wo sind sie nur?, 6 Kilo, bald wieder finden werde. Ein Oralist ist nun mal ein Oralist und das Loch muss gestopft werden, gell? Was ich aber nicht bin, nicht sein kann, nicht sein will, ist eine Dogmatikerin und schon gar nicht mir selbst gegenüber. Ich seh das ganz locker, so ungefähr wie die A.A.s, von einer Minute zur nächsten, von einer Stunde zur nächsten, usw. Und wenn’s gar nicht geht, dann rauch ich eben eine. An Tagen von denen ich weiß, dass mir eine schwere Prüfung bevorsteht, z. B. donnerstags Abends, wenn Christian mich beehrt, erlaube ich mir von vorn herein nach Herzenslust zu rauchen.
Sonst käme ich mir vor als säße ich mit dem November persönlich am Tisch. Da muss man einfach gegen an nebeln! Nein, nein, Genuss bleibt Genuss! Ich will ja nicht weniger rauchen weil ich weniger genießen will sondern weil ich weniger husten will. Dass heißt, die echten Genusszigaretten dürfen bleiben. Es gilt nur die „Echten“ von den Unechten zu unterscheiden. In meinem Fall ist das sehr Arbeitgeber freundlich, da mit zu den Unechten die Pausenfüller gehören. Und damit ich gar nicht erst in Versuchung kommen, mach ich schon mal keine Pause. Außerdem wüsste ich gar nicht was ich sonst in einer Pause machen sollte!

Jetzt, in dieser gruseligen Voradventszeit, lädt man ja auch gerne ein, nicht? Mein Problem ist, ich mag mir private Verabredungen nicht gerne in den Kalender schreiben, weil diese dann etwas unangenehm verpflichtendes bekommen. Außerdem denke ich mir, so viele Verabredungen habe ich ja nun auch wieder nicht, dass ich sie mir unbedingt aufschreiben müsste. Tja, hätte ich ein gutes Gedächtnis, wäre ja auch alles in Ordnung. Hab ich aber nun mal nicht. Das führte dann vor zwei Wochen dazu, dass ich zwei Tage lang auf Kaffeebesuch wartete, weil ich nicht genau wusste, hatten wir Samstag oder Sonntag gesagt? Vorgestern nun hin wiederum, dödelte ich den Freitagnachmittag so vor mich hin, wissend, dass ich noch bis 20:00 Uhr Zeit hätte meine Lasagne für Petra und ihre Mutter vorzubereiten, die Wohnung aufzuräumen, die restlichen drei Türen zu streiche, Wäsche zu waschen, zu saugen, staub zu wischen, den Tisch zu decken, kurzum den Eindruck von tagtäglicher, achtstündiger Hausfrauentätigkeit zu bieten. Es gibt einen comic der eine Hausfrau als Buddha zeigt, jedoch nicht einer dieser in sich ruhenden strahlenden Gesellen, mit feistem Lächeln und dickem Bierbauch. Wenn ich’s mir recht überlege, gab es nur einen Aspekt der an einen Buddha erinnerte. Das waren die drei Paar Arme, die alle verschiedenen Verrichtungen nachgingen.
In dieser inneren und äußeren Verfassung befand ich mich nun eine Stunde bevor die Gäste kommen sollten…Mitten in der Beschamel, jeder der/die mal eine gemacht hat, weiß was das bedeutet, klopft es an der Tür. Ach, denke ich, der Nachbar will mir wieder was von seinen Mäusen erzählen, grad jetzt! Aber nein, es waren Petra und ihre Mutter. Eine ganze Stunde zu früh!
Manchmal find ich’s ja doch erstaunlich wie ich mich so beherrschen kann! Ich hab gelächelt, während die Beschamel leise braun wurde, meine Gäste herzlich willkommen geheißen und nur ganz sanft, „Ihr seid ja schon da!“, geschrieen. Doch von meinem inneren Entsetzen muß sich doch etwas vermittelt haben, da beide sofort anboten, in einer Stunde wieder zu kommen. Gott-lob! Nichts find ich blöder, als im Schweiße meines Angesichts durch die Gegen zu schießen und nebenher auch noch Smalltalk gestalten zu müssen. Letzteres kann ich noch nicht mal besonders gut wenn ich dem meine volle Aufmerksamkeit zuwende, geschweige denn, wenn ich völlig aufgelöst, abgelenkt bin. Doch im Nachhinein gesehen, Petras Mutter jetzt kennend, würde ich sagen, es wäre gar kein Problem gewesen. Reden konnte sie auch ganz gut alleine ohne Begleitung. A mile a minute, sozusagen. Scheinbar fand sie außerdem, ich sei eine gute Zuhörerin. Hätte Petra sie nicht um 22:30 Uhr mit ‚rausgeschleift, hätte sie mich wohl noch in den Schlaf geredet. Aber nett, wirklich nett!

Von Mist- und anderen Geschicken
Ihr denkt jetzt wahrscheinlich, ich hätte eine bäuerliche Schweinerei auf Lager aber nein, diese Teil hat eher etwas mit Stadt zu tun und zwar mit einer ganz bestimmten. Neulich, mal wieder auf den Weg nach Berlin,.. das Schicksal stellt sich vermehrt gegen mich sobald ich versuche diese Stadt zu ereichen. Genauer gesagt, das Schicksal teilt sich mir durch mein Auto mit. Nun hatte ich schon dafür gesorgt, dass meine armes altes Auto gar nicht erst den weiten Weg machen muss Es sollte mich an diesem Tag nur zur Arbeit und dann zu U., Abfahrt Uphusen/Mahndorf bringen. Auch das war scheinbar schon zuviel verlangt! Zwar fuhr ich schon ‚ne Weile auf Reserve aber was heißt das , bei einem Diesel schon? Die Lampe ging immerhin gelegentlich noch aus, was in der Regel noch ca. 30km bedeutet. Nicht aber an diesem Tag. Als ich mich auf dem Weg zur arbeit befand, bemerkte ich ein gewisses ruckeln kurz vor der Abfahrt Uphusen/Mahndorf. Schon fing ich an zu beten:“ Oh bitte, lass mich noch die Abfahrt schaffen!“ diese Bitte wurde mir erfüllt. Erst in der abschüssigen Abfahrt ging der Motor aus. „Prima!“, dachte ich, „Wenn doch jetzt bloß die Bremse funktionieren würde!“ ( Das tut sie bei abgestelltem Motor nämlich nicht.) Dankeswerter weise kam gerade niemand als ich meine Auto mittels Handbremse am Ende der Ausfahrt zum Stehen brachte. Heine Helferin der Not hielt an und bot mir eine Mitfahrgelegenheit zur nächsten Telefonzelle an. Immerhin fast. „Na gut“, dachte ich, “Erstmal auf der Arbeit anrufen, dann U. , die wohnt schließlich gleich um die Ecke. Kann mich dann ja abschleppen.“
Die Kollegen waren natürlich begeistert, von den Patienten ganz zu schweigen. U. war nicht zu Hause. Danach zur nächsten Tankstelle. Nur gut, dass ich meine langen Unterhosen anhatte. Es waren ca. 10 Grad minus. Dort habe ich versucht die gelben Helfer anzurufen. Nach einer halben Stunde gab ich auch das auf, da ständig besetzt war. Muss noch mehreren so gegangen sein, wie mir an diesem kalten, klaren Novembermorgen.



„Tschja“, dachte ich, „Dann gehe ich erstmal zurück zum Auto. Vielleicht fällt mir ja noch was ein.“ Unterwegs hoffte ich schon irgend jemand hätte es vielleicht gestohlen aber diesen Gedanken verwarf ich schnell. Es müsste ja schon ein Automechaniker sein, der Wunder vollbringen kann. Es war also leider noch da, diese Plage der Menschheit, blinkte mir Schadens froh mit der Warnblinkanlage zu und sah gleichzeitig verwahrlost, hilfsbedürftig und selbstzufrieden aus, wie es so dastand. Nun haben wir trotz allem ein enges Band, das uns verbindet, mein Auto und ich. Nach der letzten Panne, auf dem Weg nach Berlin natürlich, hatte ich ihm schon angedroht. Wenn er das noch mal mit mir macht, kommt er unweigerlich auf den Schrott.
Ich hielt ihm auch in dieser Situation vor den Scheinwerfer was passieren würde, sollte er mich jetzt wirklich im Stich lassen. Diese Androhung, mit eineigen Tropfen Öl unterstrichen brachten ihn dann auch wieder soweit, dass der Motor lief. Wieder ‚rum beten. „ bitte wenigstens bis zur Tankstelle!“ Hätte auch fast geklappt, wäre da nicht noch eine rote Ampel gewesen. Abwechselnd nun fluchend und betend, nach mehreren Versuchen ein letztmaliges Aufglimmen seiner Lebensgeister, genau bis zur Tankstellen Einfahrt. Aus. Die Anrufe wieder von vorne, diesmal hat bei U. immerhin eine verschlafene Stimme abgenommen. Ich bat darum man möge U. bei ihrem Eintreffen sagen, sie soll mich mal an der Jet-Tankstelle besuchen. Gelbe Engel waren immer noch besetzt.
So, jetzt gab es für mich nur noch eines zu tun. Wenn das nichts half, dann hätte ich Zähne knirschend an den Werkstattmeister gewandt. Mit meinem letzten Zehnmarkschein ließ ich noch ein paar Tropfen Diesel ‚reinsickern, mit diesem Gefühl wie der Typ, dem das Benzin unterwegs ausgeht, bei der Aral Werbung. Nette junge Männer kreuzten meinen Weg. Mein Auto ließ sich inzwischen nur noch widerwillig von mir schieben. Es kann aber auch biestig sein!!! Mich wirklich blöde fühlend, steckte ich dann also den Schlüssel ins Schloss, einerseits hoffend, dass es nur das war und andererseits nicht glauben könnend, dass es nur eine solche Kleinigkeit sein könnte, wie, kein Sprit mehr. Aber…, genau das war’s!
Er sprang an wie ein Porsche und tat so als wäre nie was gewesen. So hat er mich natürlich gründlich blamiert. Der Tankstellenwart, sah ich in meinem Rückspiegel, schickte mir einen Blick hinterher der deutlich besage: „Typisch Frau!“

geschrieben
November 1993
Fischerhude/Quelkhorn

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